Irgendwie & Wie

Ein Essay von Christian Vranek

Saalbach in Salzburg während der 'Mozartwoche' 1996. Ich verbringe mit einer Gruppe von Freunden die Zeit mit Ski fahren und Musik hören. Saalbach präsentiert sich einige Jahre nach einer Ski-Weltmeisterschaft unheimlich aufgerüstet. Skitouristen aus ganz Europa tummeln sich auf den Pisten. Wir treffen in unserem Appartementhaus auf eine Gruppe schwedischer Studenten. Sie genießen den Sport, die Natur, schränken aber ein, dass die Umgebung irgendwie künstlich, ja sehr unecht wirke. Modernste Liftanlagen, Tunnels und Tiefgaragen, um sowohl den Ski- als auch den Auto- Verkehr zu bewältigen. Gute Laune und Alpenfolklore so weit das Ohr hört- so würde man doch eine Realität hintergehen, urteilen sie und meinen, sie hätten eigentlich hier etwas Authentischeres erwartet, nicht soviel Künstlichkeit in der Unnatürlichkeit.....

Szenenwechsel – Stadt Salzburg - Großes Festspielhaus – Roger Norrington gibt als Dirigent sein Debüt mit den Wiener Philharmonikern bei der Mozartwoche 1996 – ein großer Erfolg – ich werde nach dem Konzert von Bekannten nach der Qualität des Konzertes gefragt – „wie es war“. Ich antworte: „Sie haben es doch selbst gehört - das ist doch Ihr persönliches Erlebnis“. Im folgenden entwickelt sich ein sehr angeregtes Gespräch über Kunst und das individuelle Wahrnehmen bzw. den Mut zur individuellen Wahrnehmung. Ist es spannender, wenn alle das Gleiche gehört haben, oder jeder etwas Anderes. Wie wichtig ist die Vielfalt? Wie viel Sicherheit benötigt man, um Vielfalt zu ertragen? Wie viel Souveränität? Wie viel Vielfalt verträgt eine Realität?

Eine Anregung zur individuellen Geschmackssuche. Ästhetische Bildung als Basis zur Stärkung der individuellen Wahrnehmung und Gestaltung, als Quelle der Selbsterkenntnis.  Eine Basis für das Erkennen von Qualitäten.

2006 - das Mozartjahr. Mozart, dessen Musik uns irgendwie in die Seele trifft. Mozarts Werk - eine Realität, die unendliche Vielfalt verträgt und erträgt. Qualität und Vielfalt. Einfalt und....

Wenn sich eine Galerie auch als Ort der Begegnung versteht und zur Kommunikation über Kunst anregt, ist dies die Einladung zur Reflexion und zur ästhetischen Bildung. Kunst nicht bloß als Konsumgut, sondern als Sinneselixier zu erleben, kann  Balsam für die Seele sein. Dem Einsteiger rate ich bei seinen Überlegungen betreffend den Ankauf von Bildern darauf zu achten, dass er vielleicht bei der 3., 4. oder 5. Betrachtung des Kunstwerkes noch immer eine gewisse Faszination verspürt bzw. neue Facetten entdeckt – damit das Irgendwie zum sinnerfüllten Wie wird, und so zur nachhaltigen Bereicherung des eigenen Umfeldes und des eigenen Lebens.

Geschmacksentscheidungen zu treffen einerseits für das ganz persönliche Ich und andererseits in weiterer Folge für das kollektive Wir – im Wintersportort – im Konzertsaal – in der Galerie, überall wird das Wie gefragt sein. 

Erschienen in: ANSICHT – GALERIE FRANZKE ContemporaryArt MeetingPoint, S.14 –15, Wien: 2006

To top